Alle Artikel mit dem Schlagwort: Mitleid

Es ist mein größtes Ziel, aus dieser Lage wieder heraus zu kommen – das ist meine Arbeit

Deshalb bin ich sehr aktiv. Niemand kennt meine Situation so gut wie ich selbst. Niemand kennt meine Bedürfnisse wie ich selbst. Nur ich spüre die Entwicklungen, die in meinem Körper vor sich gehen. Ich bin verantwortlich, ich bin zuständig, ich bin hier die Akteurin. Ich suche die Menschen, die mit mir daran arbeiten, dass ich wieder gesund werde. Ich gestalte meine kleine Welt. Um nicht zu zerbrechen, muss ich, was mich belastet, was mir schadet, was mich stresst, ausblenden. Das betrifft Sätze, Räume, Situationen, Filme, Menschen, Themen, Gedanken, Wörter. Konkreter: Der Satz: „Da brauchst du viel Geduld“ – erzeugte nach kürzester Zeit eine Art mentale allergische Reaktion, ich habe dieses Wort aus meinem Wortschatz getilgt. Das Wort „Mut“ ist hier sehr viel wichtiger. „Vielleicht wird es nie wieder gut“ – so etwas darf man nicht denken, es darf auch niemand so etwas ausdrücken, es ist überlebenswichtig, positiv nach vorne zu schauen und alle mentalen Kräfte auf das Lebendige, Gute und Schöne zu richten. Wir sind daran gewöhnt, ziemlich schnell zu leben. Alles was wir tun, …

05.04.2017 Erster Termin in Günzburg bei Professor Antoniadis, dem „Nervenpapst“

Mit meinen großen Problemen stellte ich mich nach neuer Vermittlung durch meinen Operateur Anfang April in der Ambulanz der „Sektion periphere Nervenchirurgie“ bei Professor Antoniadis im MKH Günzburg vor. Seit über vierzig Jahren werden in der Neurochirurgie Günzburg Eingriffe an peripheren Nerven durchgeführt. Auf Grund der hohen Expertise gilt die Klinik als Referenzzentrum für das ganze Bundesgebiet. Mit über 500 Eingriffen an peripheren Nerven jährlich ist die Klinik eine der größten unter allen universitären und kommunalen Häusern in Deutschland. Durch die Gründung der Sektion werden Patienten mit Kompressionssyndromen, traumatischen Nerven- und Plexus brachialis Läsionen als auch Nerventumoren effektiver diagnostiziert und behandelt. In seinem sehr kleinen netten Büro, keinerlei Apparate, ein Schreibtisch, zwei Stühle, Regale, eine Liege, empfing mich der Professor zum Gespräch und zur klinischen Diagnostik. Die Fahrt nach Günzburg lohnte sich. Ich fühlte mich in der ambulanten Sprechstunde sehr gut aufgehoben. Ich erhielt ein Ergotherapie-Rezept und eine Verordnung über ein Gerät zur Elektrostimulation meiner „lahmgelegten“Unterarm-Muskulatur.

Was hat mir noch geholfen?

Ich habe ganz stark den Kontakt „nach draußen“ gesucht, und habe meistens per Textnachricht kommuniziert. Ich wollte den Schreck meiner Freundinnen, meiner Kollegen und meiner Familie nicht so gerne am Telefon erleben, weil ich ja ganz besonders nah am Wasser war. Das galt auch für die späteren Wochen. Sehr schnell habe ich gemerkt, dass ich mit Mitleidsbezeugungen nicht so gut umgehen konnte. Ich möchte viel lieber über meinen Zustand innerhalb einer Normalität und nicht im Mitleidsmodus sprechen. Stark gemacht hat mich auch die Unterstützung und Empathie meines Operateurs, der mich in den ersten Tagen und die gesamten nachfolgenden Wochen und Monate begleitet und mich vor allem zu jeder Zeit ernst genommen hat. Das ist für mich immer noch sehr zentral. Und natürlich mein Mann. Der Allerwichtigste. Ich habe schon im Krankenhaus begonnen, über Therapien nachzudenken und Termine zu planen. Aktiv sein, den Kopf oben halten und weiter gehen.