Eineinhalb Jahre nach dem Unfall: Was hat sich über den Sommer getan?
Eine spannungsreiche Etappe zog sich über einige Monate hin: Die Frage meines Wiedereinstieges in den Beruf. Das entscheide nicht einfach ich. Es besteht ja bei Lehrerinnen die berechtigte Frage, ob sie die Aufsichtspflicht wahren können, bestimmte Voraussetzungen im Zusammenhang mit körperlicher Fitness und Durchhaltevermögen müssen erfüllt sein. Es waren verschiedene Instanzen im komplizierten Spiel beteiligt, meine Diskretion erlaubt, zu verraten, dass ich auch einen Anwalt beschäftigt habe. Die Kommunikation mit dem Arbeitgeber war nicht immer gelungen, Kontakt zu empathiefreien Personen gab es auch … Aber ich hatte auch stabilen Rückhalt, zum Glück!
Über längere Zeit war unklar, wann ich beginnen sollte, im Juli oder doch mit dem neuen Schuljahr nach den Sommerferien? Und plötzlich lag der Juli „leer“ vor mir – kurzfristig erfuhr ich, dass mein Arbeitsbeginn im September sein sollte.
Dringend brauchte ich eine Herausforderung, ich wollte es wissen: Die Bestätigung meiner „Alltagstauglichkeit“. Ich bin deshalb alleine nach Italien gefahren, eine Woche Intensiv-Sprachkurs. Habe allein meinen Koffer durch den Zug gewuchtet, mich alleine – auf Italienisch! nach Verspätungen auf Bahnhöfen zurechtgefunden.
Ich hatte ja über die gesamte Zeit meiner Beeinträchtigung Unterstützung gebraucht, solche Aktionen waren und wären zuvor nicht denkbar gewesen. Ich orientierte mich an der Schule, in dem kleinen italienischen Ort, unter den MitschülerInnen – die sechs Tage waren randvoll mit Sprachkurs, Kochkurs, Lernen …
Es hat alles prima geklappt! Und wo war es am schönsten? Auf der Piazza, auf der Terrasse der Bar vor der Schule! Wer sich für eine Sprachreise nach Italien interessiert: Ich kann die „Scuola Palazzo Malvisi“ in Bagno di Romagna wärmstens empfehlen!
Die körperliche Herausforderung erwartete mich im August: Die Überquerung der Pyrenäen von Frankreich nach Spanien auf dem „Chemin des Bonshommes“. Diesen fantastischen Wanderweg bin ich in einer Woche mit meinem Mann gegangen: Sieben Etappen, 125 km, 6000 Höhenmeter. Ich habe einige Monate richtig auf dieses Ereignis hintrainiert, habe alle Höhenmeter meiner Mittelgebirgsumgebung mitgenommen und bin immer wieder den Schlossberg meiner kleinen Stadt hoch marschiert.
Seit September arbeite ich wieder an der Schule mit einem Rekonvaleszenzmodell: Zu Beginn wenige Stunden, über die Zeit aufbauend, bis ich im März 2019 wieder bei meinem Deputat angekommen bin. So kann ich meine Belange auf therapeutischer Ebene noch gut erfüllen und hoffe, dass es immer besser wird.
Ich werde gefragt, ob jetzt alles wieder gut sei. Ich trage zurzeit kein Tape. Man sieht es mir nicht an, aber es ist noch „Luft nach oben“. Auf die Hand bezogen sind noch nicht alle Bewegungen möglich, die Feinmotorik ist noch nicht so toll (schreiben, schneiden geht, ganz feine Arbeiten sind zu fummelig), die Ausdauer lässt zu wünschen übrig, das Handgelenk schmerzt und ich ermüde.
Meine eingeschränkte Schulterbewegung verändert die Statik im gesamten Körper und ich habe zu tun, dass es jetzt nicht zu Haltungsschäden und Folgeproblemen im Bereich der Brustwirbelsäule und an der Hüfte kommt. Es hat halt immer alles mit allem zu tun!